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Zuletzt angepasst am 26.03.2024

Ventile, Coils, Lungenvolumenreduktion - Maßnahmen zur Verkleinerung des Lungenemphysems

Die chirurgische Lungenvolumenreduktion (LVRS) beim Lungenemphysem, beinhaltet die Entfernung von stark emphysematös veränderten Lungenarealen mit dem Ziel, die Überblähung zu vermindern, die Atemnot zu lindern, die  Lungenfunktion zu verbessern und insbesondere die Leistungsfähigkeit der Atemmuskulatur durch Verminderung der Überblähung zu verbessern.

Gegenüber der medikamentösen Therapie verbessert die LVRS bei Patienten mit  schwerem oberlappenbetontem Emphysem und geringer Belastbarkeit nach präoperativer Rehabilitation Belastbarkeit und Lebenserwartung der Patienten.

Bei Patienten mit hoher Belastbarkeit nach einer Rehabilitation besteht bezüglich der LVRS gegenüber der konservative Therapie kein Prognosevorteil, während Lebensqualität und Belastbarkeit zunehmen. Die LVRS zeigt eine höhere  Sterblichkeit als die medikamentöse Therapie bei Patienten mit schwerem Emphysem, wenn die Lungenfunktion sehr stark eingeschränkt ist und ein über die Lunge gleichmäßig verteiltes Emphysem besteht.

Wie auch bei der Lungentransplantation können somit nur Patienten für die Operation berücksichtigt werden, bei denen präoperativ eine Rehabilitation erfolgte und alle medikamentösen und nicht medikamentösen Therapieoptionen  ausgeschöpft wurden. Weiterhin ist eine mehrmonatige Rauchabstinenz zwingend erforderlich.

Endoskopische Lungenvolumenreduktion

Ziel der endoskopischen Lungenvolumenreduktion (LVR) ist die Verminderung der Überblähung bei ausgeprägtem Lungenemphysem unter Vermeidung der bei den chirurgischen Verfahren deutlich erhöhten Sterblichkeit. Durch die Verminderung der Überblähung werden die Lungenfunktion und die Funktion der Atemmuskeln verbessert. Hierdurch werden die Atemnot unter Belastung vermindert, die Leistungsfähigkeit gesteigert und die Lebensqualität verbessert.

Für die endoskopische Lungenvolumenreduktion wurden endobronchiale Ventile, endobronchial applizierbare Coils, Stents, die thermische Lungenvolumenreduktion mit Dampf sowie die polymerische Lungenvolumenreduktion mit einem Hydrogelschaum untersucht. Den Verfahren ist gemeinsam, dass sie nur bei einem ausgeprägtem Lungenemphysem eingesetzt werden sollen. In Abhängigkeit von der Emphysemverteilung in den beiden Lungen, die durch eine Dünnschichtcomputertomographie mit Hilfe unterschiedlicher Softwareprogramme analysiert werden kann, kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz.

Von großer Bedeutung für die Auswahl des Verfahrens ist die Unterscheidung zwischen einem heterogenen (unterschiedlich stark ausgeprägtes Emphysem in verschiedenen Lungenabschnitten) und einem homogenen (gleichmäßige  Verteilung des Lungenemphysems in verschiedenen Lungenabschnitten). Während bei der heterogenen Emphysemverteilung mittlerweile mehrere Techniken der endoskopischen LVR zur Verfügung stehen, gestaltet sich der  Therapieansatz des homogenen Emphysems schwieriger, ist nicht etabliert und sollte außerhalb von Studien nicht durchgeführt werden.

Vor jeder Lungenvolumenreduktion sollten die konservativen medikamentösen und nicht medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten unter Einschluss einer pneumolgischen Rehabilitation ausgeschöpft sein. Von den genannten  Verfahren stehen derzeit an mehreren Zentren nur die endobronchiale Ventilapplikation sowie die Implantation von Coils zur Verfügung. Die Anlage bronchialer Stents (Metallstützen) erwies sich als ineffektiv. Eine multizentrische Studie mit Anwendung von polymerischem Hydrogelschaum ging mit einer erhöhten Sterblichkeit einher und musste deshalb vorzeitig abgebrochen werden.

Die Applikation von heißem Dampf in Segmente mit stakem emphysematösem Umbau führte in einer Studie zu einer klinisch relevanten Besserung von Lungenfunktion und Lebensqualität nach 6 Monaten sowie im Verlauf auch nach  12 Monaten. Häufigste unerwünschte Wirkung waren Exazerbationen, d.h. akute Verschlechterungen der COPD. Diese Verfahren ist derzeit in der klinischen Anwendung nicht verfügbar.

Endobronchiale Ventilapplikation

Der Wirkungsmechanismus besteht in der Entblähung des zu behandelnden überblähten Lungenbereichs durch Verhinderung der regionalen Einatmung bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Entleerung während der Ausatmung und Drainage von Sekreten.

Das jenseits, der durch Ventile verschlossenenAtemwege gelegene Lungengewebe, wird so von Luft entleert und kollabiert mit der Folge einer Volumenreduktion und Besserung der Atemmechanik.

Wirksamkeit und Sicherheit der Ventile sind bislang durch mehrere kontrollierte Untersuchungen und eine Vielzahl prospektiver Fallserien mit Nachuntersuchung bis zu fünf Jahren überprüft worden. Die besten Ergebnisse werden bei  heterogenem, oberlappenbetontem Emphysem erreicht, mit keiner oder geringfügig vorhandener kollateraler Ventilation- Belüftung über benachbarte Lappen. Zur Beurteilung der kollateralen Ventilation und der Vollständigkeit von  Lappengrenzen wurden HR-CT Analysetechniken sowie das endoskopische Chartis-Diagnosesystem entwickelt. Bei Patienten mit geringer kollateraler Ventilation und erhaltenen Lappengrenzen lassen sich Lebensqualität, körperliche  elastbarkeit, gemessen an der 6-Minuten-Gehstrecke, und Einsekundenkapazität deutlich und nachhaltig steigern, deutlich besser als bei Patienten, bei denen keine erhaltenen Lappengrenzen vorhanden sind bzw. eine kollaterale Ventilation vorhanden ist. Hauptkomplikation der Ventilimplantation stellt der postinterventionelle Pneumothorax in 4,2. - 12,1% der Fälle dar. Durch eine Schrumpfung des behandelten Lungenlappens und der Notwendigkeit  der Ausdehnung des auf der gleichen Seite liegenden Lappens kommt es durch Verwachsungen oder große Emphysemblasen häufig zu einem Einriss des nicht behandelten Lungenlappens.

Coils

Coils, die in etwa Heftzwecken aus Nitinolstahl entsprechen, wurden entwickelt, um mechanisch das emphysematös veränderten Lungengewebe zu komprimieren und dadurch Gewebespannungen in der Umgebung des Emphysems  wiederherzustellen. Ziel ist es, in den behandelten Lungenlappen 10 - 14 Coils zwischen den Segmentbronchien und der Pleura gleichmäßig zu implantieren.

Das Verfahren ist unabhängig vom Vorliegen einer kollateralen Ventilation, die Explantation von Coils ist im Gegensatz zu Ventilen in der Regel nicht möglich.

Mehrere kontrollierte Studien zeigten ebenfalls eine Verbesserung von Lebensqualität, der Belastbarkeit und der Lungenfunktion. Die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen im Verlauf nach Coilimplantation sind leichte Blutungen,  die in der Regel spontan zum Stillstand kommen und nur in seltensten Fällen Grundlage für eine Intervention darstellen. Ausschlusskriterien für eine Coilimplantation sind Patienten mit Anzeichen einer bestehenden Lungeninfektion, mit bekannter Nickel-Titan-Allergie, ferner Patienten die ein erhöhtes Blutungsrisiko besitzen, Patienten mit einem Hochdruck im Lungenkreislauf und Patienten mit großblasigen Lungenveränderungen.

Insgesamt kann eine endoskopische Lungenvolumenreduktion nach Ausschöpfung aller konservativen Behandlungsmöglichkeiten des ausgeprägten Emphysems unter Einschluss der pneumologischen Rehabilitation bei Patienten mit  ausgeprägter Dyspnoe erwogen werden, wenn die Kriterien für die Implantation von Ventilen oder Coils erfüllt sind. Weitere kontrollierte Studien und Erfahrungen sind notwendig, um die Verfahren mit hinreichender Sicherheit und Wirksamkeitzu etablieren.

Quelle: Vortrag von Prof. Dr. med. Heinrich Worth Vorsitzender AG Lungensport in Deutschland e.V. stellv. Vorsitzender Deutsche Atemwegsliga e.V. Facharztforum Fürth, auf dem 10. Symposium Lunge am Samstag, den 02. September 2017 von 9:00-17:00 Uhr in Hattingen (NRW)

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