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Zuletzt angepasst am 18.04.2024

Endoskopische Behandlung des schweren Lungenemphysems

In meiner heutigen Zusammenfassung möchte ich den gegenwärtigen Stand der endoskopischen Lungenvolumenreduktion darstellen.

Die chronisch obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem [chronic obstructive pulmonary disease; COPD] wird aufgrund spirometrischer Messgrößen in Schweregrade eingeteilt.

Die schwere bis sehr schwere COPD ist meist mit einem ausgeprägten Lungenemphysem verknüpft. Das Lungenemphysem stellt eine nicht rückbildungsfähige Zerstörung des Alveolarraumes dar und geht mit einer Lungenüberblähung einher, die die Belastbarkeit und die Lebensqualität vermindert.

Die Langzeitergebnisse der chirurgischen Lungenvolumenreduktion [lung volume reduction surgery; LVRS] ergaben bei ausgewählten Patienten eine Verbesserung der Lebensqualität und einen Überlebensvorteil. Dennoch ist wünschenswert, Patienten mit schwerer bis sehr schwerer COPD keiner chirurgischen Maßnahme zu unterziehen, um postoperative Komplikationen zu vermeiden.

Die Verfahren zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion unterscheiden sich nach der Verteilung des Lungenemphysems. Ist das Lungenemphysem ungleich im Brustkorb verteilt, so spricht man von einem heterogenen Lungenemphysem im Unterschied zu einer gleichmäßigen Verteilung, die als homogenes Lungenemphysem bezeichnet wird. Die meisten endoskopischen Verfahren zur Lungenvolumenreduktion beziehen sich auf das heterogene Lungenemphysem.

Endoskopische Lungenvolumenreduktion [ELVR]

Reversible blockierende Verfahren

Heterogenes Lungenemphysem

Für diese Krankheitsgruppe sind Verfahren entwickelt worden, die mit einer Blockade von Atemwegen einhergehen. In der Regel handelt es sich um sogenannte Ventile, die sich während der Einatmung verschließen und bei der Ausatmung Luft passieren lassen. Der Unterschied zwischen dem eingeatmeten und dem ausgeatmeten Volumen soll zu einer Verkleinerung des erkrankten Lungengebietes durch eine Resorptionsatelektase führen. Da die Ventile entfernt werden können, spricht man von reversiblen blockierenden Verfahren. Die Ventile können über den Arbeitskanal flexibler Bronchoskope eingebracht werden. Die gebräuchlichsten Ventile, über die die meisten Erfahrungen vorliegen, sind die  ZEPHYR Ventile. Mit diesen Ventilen werden Patienten bereits seit über 5 Jahren behandelt. Neben kleineren, ersten Pilotuntersuchungen ist die große Studie, die unter dem Namen VENT (endobronchial valves  for emphysema palliation trial) durchgeführt wurde. In diese Studie wurden 321 Patienten eingeschlossen. 220 Patienten wurden mit dem Ventil ZEPHYR behandelt, 101 Patienten dienten als Kontrolle. Bei allen Patienten wurde eine Computertomographie des Brustkorbes durchgeführt, um die Schwere und die Verteilung des Lungenemphysems festzulegen. Gleichzeitig wurde die Struktur der sogenannten Fissur geprüft, die die Trennung der einzelnen Lungenlappen beschreibt. Die Spirometrie (FEV1,0) in % vom Ausgangswert, der 6-Minuten-Gehtest (6 MWT) in % vom Ausgangswert sowie die Lebensqualität gemessen mit dem St. George Respiratory Questionaire, [SGRQ], waren die gemeinsamen Endpunkte, um das Ergebnis der Behandlung zu beschreiben. In Abbildung 1 sind die Ergebnisse dargestellt. Es zeigt sich, dass die Patienten um so mehr von der Behandlung mit Ventilen profitierten, je geringer die sogenannte kollaterale Ventilation war.

Unter kollateraler Ventilation versteht man eine krankhafte Verbindung zwischen Lungenstrukturen, die üblicherweise aufgrund ihrer anatomischen Gegebenheiten voneinander getrennt sind. Ist eine kollaterale Ventilation in größerem Ausmaß vorhanden, so führt die Belüftung eines mittels Ventil verlegten Bronchus dazu, dass sich keine Verminderung der Lungenüberblähung entwickelt. Es ist daher wünschenswert, die kollaterale Ventilation vor einem geplanten endoskopischen Verfahren zur Lungenvolumenreduktion zu messen. Es sind mittlerweile Verfahren entwickelt worden, die im Alltag eingesetzt werden könnten. Leider sind die Geräte jedoch nicht für die klinische Routine verfügbar, so dass nur wenige Erfahrungen über den Zusammenhang zwischen der kollateralen Ventilation und der möglichen klinischen Besserung nach endoskopischer Lungenvolumenreduktion vorliegen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die endoskopischen Verfahren, die auf der Positionierung von Ventilen beruhen, dann erfolgversprechend sind, wenn die kollaterale Ventilation nicht sehr ausgeprägt ist. Entsprechende Erfahrungen bei einer ausreichenden Zahl von Patienten müssen jedoch noch gesammelt werden.

Reversible, nicht blockierende Verfahren

Die Firma PneumRX, (USA) hat ein anderes Verfahren zur Lungenvolumenreduktion  entwickelt. Hier werden bronchoskopisch Spiralen in die Lunge eingeführt, die zu einer Verkleinerung des Lungenvolumens führen sollen. Die Spiralen werden über einen Katheter mittels Bronchoskop in die erkrankten Anteile der Lunge geführt, Sobald der Katheter entfernt wird, zieht sich die Spirale zusammen und verändert dadurch die Lungenarchitektur in der Hoffnung, die erkrankten emphysematösen Anteile zu verringern. Das Verfahren ist bisher bei relativ wenigen Patienten mit unterschiedlichen Ergebnissen durchgeführt worden. Das Ausmaß der langfristigen Verbesserung sowie die möglichen schwergradigen Nebenwirkungen sind bisher nicht sicher abschätzbar.

Nicht reversible, nicht blockierende Techniken

Bronchologische Wasserdampfablation

Es ist bekannt, dass erhitzter Wasserdampf zur Schrumpfung von Gewebe führen kann. Dieser Zusammenhang ist verwendet worden, um Wasserdampf über ein Bronchoskop bei Patienten mit heterogenem Lungenemphysem einzusetzen. Dieses Verfahren ist interessant, da ein möglicher Effekt unabhängig von der kollateralen Ventilation sein sollte.

Mit diesem Verfahren liegen erste Ergebnisse vor. Erwartungsgemäß zeigen sich nach der Anwendung des Wasserdampfes in den Zielarealen radiologische Zeichen der Entzündung. Die ersten Ergebnisse bestätigen sowohl die Machbarkeit als auch das Potential für eine Verbesserung der Lungenfunktion. Es müssen jedoch Erfahrungen bei größeren Patientengruppen abgewartet werden, bevor eine Aussage möglich ist.

Polymerische Lungenvolumenreduktion (PLVR)

Die Firma Aeris Therapeutics (USA) hat ein neues Verfahren entwickelt, um das Lungenemphysem zu behandeln. Bei der PLVR wird ein Gelschaum in die Lungen wiederum über eine bronchoskopische Methode eingeführt. Der Schaum bindet sich an das Lungengewebe. In der Folge verkleinert sich der Schaum und führt dadurch zu einer Verminderung der überblähten Lungenareale. Es sind bisher multizentrische Untersuchungen durchgeführt worden, die sowohl auf dem Treffen der European Respiratory Society 2009 als auch bei der American Thoracic Society 2010 präsentiert wurden. Die Verfahren gehen mit einem akzeptablen Sicherheitsprofil einher und führen zu einer Verbesserung der Lungenfunktion, die auch ein klinisch erfreuliches Resultat erwarten lässt.

Homogenes Lungenemphysem

Airway bypass system

Die Firma Broncus Technologies, Inc. (USA) hat ein System vorgeschlagen, welches auf einer anderen Überlegung beruht. Hier werden in Atemwegswänden mittels spezieller Nadeln Löcher geschaffen, die durch einen Stent eine dauerhafte Verbindung zwischen den erkrankten Lungenanteilen und den normalen zentralen Atemwegen schaffen. Auf diese Weise soll sich Luft aus den überblähten Lungenarealen entleeren können. Die Methode zur Anlage dieser künstlichen Verbindungen zwischen dem Lungengewebe und den zentralen Atemwegen ist relativ kompliziert, aber machbar, wie die bisher vorliegenden Daten zeigen. Auch für dieses Verfahren gilt jedoch, dass weitere Untersuchungsergebnisse abgewartet werden müssen, bevor eine klinische Bewertung möglich ist.

Zusammenfassung

Die verschiedenen Methoden, die zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion eingesetzt werden, sind im Verlauf der letzten  Jahre weiterentwickelt worden. Wir sind gespannt auf die vollständige Veröffentlichung der VENT-Ergebnisse, da es sich hier um das größte und am besten untersuchte Kollektiv von Patienten mit schwerem Lungenemphysem handelt. Insgesamt ist aber zu bemerken, dass alle Verfahren noch weitere Untersuchungen benötigen, um eine abschließende Bewertung zu erlauben. Angesichts des Leidensdrucks der Patienten mit schwerem bis sehr schwerem Lungenemphysem sind jedoch alle Anstrengungen gerechtfertigt, um eine weitere Verbesserung der endoskopischen Techniken zu ermöglichen.

Quelle: Vortrag von Prof. Dr. Helgo Magnussen, Großhansdorf, Direktor Pneumologisches Forschungsinstitut am Krankenhaus Großhansdorf, Zentrum für Pneumologie und Thoraxchirurgie, auf dem 4. Symposium Lunge am Samstag, den 07. Mai 2011 von 9:00-18:00 Uhr in Hattingen (NRW)

© Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland
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