Nachbetrachtung 10. Symposium - Lunge 2017
10 Jahre Symposium Lunge in Hattingen
10 Jahre Symposium - Lunge, das Jubiläum einer Veranstaltung, die bundesweit einzigartig ist und sich zu einem Magnet für Patienten, Angehörige und Interessierte entwickelt hat. Dies sei hauptsächlich möglich gewesen aufgrund des Vertrauens und der Wertschätzung der Besucher, Sponsoren und Referenten, so Heike Lingemann.
Prof. Dr. Helmut Teschler vom Westdeutschen Lungenzentrum Ruhrlandklinik, Essen der das Symposium-Lunge in Hattingen von der ersten Stunde an als Moderator und Referent begleitete verabschiedete sich. Im kommenden Jahr wird die Moderation von Professor Dr. Susanne Lang, SRH Waldklinikum, Gera, ebenfalls Referentin der ersten Stunde, übernommen.
Mehr als 2.400 Gäste aus Deutschland und den benachbarten Ländern konnten in diesem Jahr in Hattingen gezählt werden. Der weiteste Gast reiste sogar aus Australien an, da wie Prof. Teschler am Ende der Fragestunde berichtete in Australien eine ähnliche Veranstaltung nach dem Muster des Symposium-Lunge etabliert werden soll.
Insgesamt 34 Aussteller präsentierten sich, boten vielfältige Informationen und Gesundheitschecks. Auch das LuFuMobil war wieder vor Ort, um die aufwendigen Lungenfunktionsmessungen kostenfrei anzubieten. Insgesamt 94 Messungen wurden durchgeführt.
Neben der Vortragsveranstaltung in der Gebläsehalle wurden in diesem Jahr insgesamt sechs Workshops durchgeführt, bei denen die Teilnehmer die Möglichkeit hatten Ihre Fragen direkt an die durchführenden Ärzte zu richten. Es entstand ein reger Austausch zwischen den Besuchern und den Ärzten.
Atmung ist Lebenselexier
„Symptome und Diagnostik einer COPD mit oder ohne Lungenemphysem"
„Atmung ist Lebenselexier und feingetunt eingestellt“, so Professor Teschler. Liegt eine COPD und/oder Lungenemphysem vor, ist das System Atmung nachhaltig gestört.
Wissenschaftlich definiert ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD, als eine häufige, vermeidbare und behandelbare Erkrankung, die charakterisiert ist durch eine persistierende Obstruktion, d.h. dauerhafte Verengung, der Atemwege, die gewöhnlich progressiv, also fortschreitend, verläuft und die assoziiert ist mit einer verstärkten chronischen Entzündung in den Atemwegen und der Lunge, hervorgerufen durch Einwirkung schädlicher Partikel oder Gase. Akute Verschlechterungen (Exazerbationen) und Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) tragen zur Schwere der Erkrankung individueller Patienten bei.
Zur Symptomatik von COPD/Lungenemphysem zählen vor allem Atemnot (Dyspnoe), chronischer Husten mit oder ohne Auswurf, eine reduzierte Leistungsfähigkeit, hörbare Atemnebengeräusche (Giemen) sowie häufigere oder länger anhaltende bronchiale Infekte.
Die Basisdiagnostik in Form einer einfachen Spirometrie (Lungenfunktionsmessung) führt in der Regel der Hausarzt durch. Die sogenannte Bodyplethysmographie, das derzeit bestmögliche Verfahren zur Lungenfunktionsmessung, zur weiterführenden Diagnose und Differentialdiagnose (Abgrenzung von möglichen anderen Erkrankungen) sollte durch den Lungenfacharzt (Pneumologe) vorgenommen werden.
Häufig würden vorliegende Symptome jedoch nicht intensiv genug abgefragt, formulierte Professor Teschler. Dies sei einer von vielen Gründen, warum nach wie vor eine Dunkelziffer der Betroffenen von schätzungsweise 40% vorliege. Eine weitere Problematik sei, dass begleitende Symptome oder Erkrankungen oftmals weder vom Patienten noch vom Arzt thematisiert werden. Hierzu zählen beispielsweise Angst oder Inkontinenz.
Hinsichtlich Diagnostik und Therapie der COPD zeichnen sich derzeit mehrere Entwicklungen ab. So werde vermutlich die Computertomopgraphie (CT) zukünftig der Goldstandard für die Emphysemdiagnostik werden, die medikamentöse Therapie der COPD insgesamt erfahre zudem eine immer stärkere Individualisierung, zeigte Professor Teschler auf.
Aktuelle Neuerung
Innerhalb des therapeutischen Behandlungskonzeptes bei COPD stehen Maßnahmen der Trainings-/Physiotherapie mit an oberster Stelle. Seit Ende letzten Jahres liegt ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über eine Änderung der Heilmittel-Richtlinie im Hinblick auf die Anpassung der Regelungen zum langfristigen Heilmittelbedarf vor. Diese Änderungen ermöglichen eine Verordnung außerhalb der Regelleistungen für chronisch obstruktive Lungenerkrankungen in folgenden Fällen:
Kennziffer chronisch obstruktive Lungenkrankheiten
- J44.00 chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Infektion der unteren Atemwege: FEV1< 35% des Sollwertes
- J44.10 chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation (akuten Verschlechterung), nicht näher bezeichnet: FEV1 < 35% des Sollwertes
- J44.80 sonstige nicht näher bezeichnete chronische obstruktive Lungenkrankheit: FEV1 <% des Sollwerte
Selbsthilfe ein wichtiger Faktor in der Versorgungsstruktur
Professor Teschler hob in seinem Vortrag zudem den Stellenwert der Selbsthilfe hervor und forderte Patienten auf, sich der Selbsthilfe anzuschließen, da durch organisierte Patienten - ähnlich dem Schwarmverhalten in der Natur - mehr erreicht werden könne. So habe der COPD - Deutschland e.V. beispielsweise bereits in der Vergangenheit sehr viel bewegt und sei zudem ein glaubwürdiger, verlässlicher, konstruktiver Gesprächspartner für alle Akteure aus dem Bereich des Gesundheits- und Versorgungswesens. Alleine die vielfältig herausgegebenen Ratgeber und DVDs seien inzwischen Bestseller.
Begleiterkrankungen zu wenig beachtet
„Welche Begleiterkrankungen können im Rahmen einer COPD auftreten und deren weiteren Verlauf beeinflussen?“
Bereits in der aktuellen wissenschaftlichen Definition werden Begleiterkrankungen, die mit der Erkrankung COPD einhergehen können, beschrieben - siehe Beitrag von Professor Teschler. „Im praktischen Alltag werden Begleiterkrankungen jedoch viel zu wenig beachtet. Sie stehen einfach zu wenig im Blickfeld“, berichtet Professor Randerath, Solingen.
Dies kann fatale Folgen haben, da COPD Patienten mit Begleiterkrankungen eine wesentlich schlechtere Prognose haben, so Randerath. Mit dieser Aussage wolle er keine Ängste schüren, vielmehr gelte es eine frühe Erkennung und rechtzeitige Einleitung einer Therapie als Ziel in den Fokus zu rücken.
Begleiterkrankungen bei COPD sind häufig, bedrohlich und belastend. Eine gezielte Suche ist daher notwendig. Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Mangel an Mobilität und häusliche Isolation sollten unbedingt vermieden werden. Von Begleiterkrankungen betroffen sein, können COPD Patienten in allen Stadien, wobei Patienten mit einer deutlichen Entzündung, niedrigem FEV1-Wert, schwerem Emphysem und gehäuften Krankenhausaufenthalten, die höchste Rate an Ausbruchsphasen von Begleiterkrankungen verzeichnen.
Neben der Lungenentzündung (Pneumonie) und dem Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) stellen das Herz-Kreislaufsystem betreffende Erkrankungen den wichtigsten Faktor dar. Wobei als Ursache für das häufige Zusammentreffen mit der COPD, vorhandene, den ganzen Körper betreffende, Entzündungen derzeit wissenschaftlich diskutiert werden, die von den Atemwegen und dem Lungengewebe ausgehen und möglicherweise auch für gefäßverengende Prozesse (Arteriosklerose) verantwortlich sind.
Weitere häufig auftretende Begleiterkrankungen einer COPD sind:
- Osteoporose und Muskelabbau
- Diabetes mellitus
- Obstruktive Schlafapnoe
- Depression
Der direkte Weg zum Problem
„Inhalative Verabreichung von Medikamenten - Fehlerquellen und Optimierungsmöglichkeiten"
Inhalationen bei Lungenerkrankungen seien der direkte Weg zum Problem und wirken ungefähr so schnell, wie eine Injektion in die Vene, formulierte Dr. Voshaar während seines Vortrages. Die Auswahl der Inhalationssubstanzen und Inhalationsgeräte, die in Deutschland zur Verfügung stehe, sei weltweit die größte. Dies solle man jedoch als Chance betrachten und die Möglichkeiten nicht einengen - auch wenn die Vielzahl durchaus eine Herausforderung für jeden Arzt darstelle, so Voshaar. Er betonte jedoch, dass zwar die Unterschiede der Inhalationssysteme sehr groß seien, die Unterschiede der zu inhalierenden Substanzen seien jedoch begrenzt.
Wichtig sei daher die Schulung der Patienten im Umgang mit dem individuell ausgewählten Inhalationssystem. Hier bestünden große Defizite. Die in Studien erreichten positiven Effekte bei einer kontrollierten Verabreichung der Inhalation, würden im normalen Alltag nie erreicht, was auf häufige fehlerhafte Anwendungen zurückzuführen ist.
Wie viel Wirkstoff in der Lunge ankommt hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- von der Anatomie des Rachens und Kehlkopfes - die bei jedem Menschen so individuell ist wie ein Fingerabdruck
- von der Größe der inhalierten Partikel
- von der Einatmungsgeschwindigkeit (Inspirationsfluss) - wobei zu beachten ist, dass mehr Wirkstoff bei einer langsamen Einatmung in die Lunge gelangt
- Hohe Austrittsgeschwindigkeit
- Kurze Freisetzung
- Langsames Inspirationsmanöver schwierig
Dr. Voshaar empfiehlt bei einem Dosieraerosol unbedingt die Verabreichung unter Zuhilfenahme eines Spacers. Ein Spacer erleichtert die Koordination, vermindert die Rachendeposition und erhöht die bronchiale Deposition.
Bei einem Spacer gilt zu beachten: Immer nur ein Hub im System! Dann drei langsame und tiefe Atemzüge, dann einen weiteren Hub in das System und erneut drei langsame und tiefe Atemzüge.
Respimat
Der Respimat ist das Hightec Gerät ohne Treibgas, so Voshaar. Die Sprühwolke sei sehr viel langsamer als bei einem Dosieraerosol, die Technik überragend und erleichtere zudem die Koordination.
Pulverinhalation
Bei Pulverinhalatoren handelt es sich im Prinzip um „verklebtes“ Pulver, das zunächst geteilt werden muss, bevor die Partikel an den eigentlichen Wirkort gelangen, beschreibt Voshaar. Daher muss bei einer Pulverinhalation von Beginn an sehr kräftig inhaliert werden, womit sich die Pulverinhalation gänzlich von der Inhalation eines Dosieraerosol Sprays unterscheidet.
Zunächst gilt es eine Einatmgeschwindigkeit aufzubauen, erst dann folgt ein „Klick“ und die Dosisauslösung. Patienten müssen zunächst lernen, mit welcher Atemgeschwindigkeit eingeatmet werden muss, bevor die Auslösung erfolgt. Zum Erlernen der richtigen Einatemgeschwindigkeit können spezielle Geräte, sogenannte Inhalationstrainer, eingesetzt werden.
Pulverinhalationssysteme unterteilen sich in atemzugkontrollierte Systeme mit Feedback-Mechanismen sowie Einzelkapsel-Pulverinhalationssysteme.
Düsen- und Ultraschallvernebler
Die Dauer einer Inhalation über einen Vernebler beträgt etwa 15-20 Minuten. Vernebler werden bei Kleinkindern bis zum 4. Lebensjahr eingesetzt, bei Patienten, die mit den vorab genannten Inhalationsgeräten nicht zurecht kommen, bei schwerer Exazerbation oder Anfall/Status oder die Verwendung einer freien Kombination von Wirkstoffen (und Trägerlösung).
Grundsätzlich rät Dr. Voshaar eine Inhalation niemals schnell, quasi nebenbei durchzuführen, sondern diese immer in Ruhe und konzentriert vorzunehmen. Tief einatmen und dann ganz entspannt vollkommen ausatmen. „Stellen Sie eine Liebesbeziehung zu Ihrem Inhalationssystem her.“
- Pulversysteme: Vom Start weg kräftig einatmen
- Kontrollsystem: So kräftig, dass gerade der „Klick“ ausgelöst wird
- Kapselsysteme: Kräftig, lange und tief
- Treibgassysteme: So langsam und tief wie möglich
- Spacer: So langsam und tief wie möglich, mehrere Atemzüge
Cortison nur bei speziellen Patientengruppen
„Cortison - Notwendigkeit, Nutzen, Nebenwirkungen“
Cortison (Cortisol) ist ein Hormon, welches vom Körper selbst in der Nebennierenrinde aus Cholesterin produziert wird. Ein Hormon ist ein Botenstoff zur Übertragung von Signalen zur Auslösung von Reaktionen im Stoffwechsel.
Corticoid ist ein Synonym für Glucocorticoid, auch Glukokortikoid geschrieben und Steroide. Synthetisch hergestellt werden können Glukokortikoide als Medikamente, die Cortison-ähnlich wirken.
Mit Cortison können alle entzündlichen Erkrankungen im Körper prinzipiell behandelt werden. Wobei Cortison keine Krankheit heilen kann, es bessert nur die aktuelle Situation einer Erkrankung. Nach Abklingen der Entzündung bzw. der Symptome muss die Therapie mit anderen Medikamenten fortgesetzt werden.
Die Wirkung von Cortison beginnt erst nach 15 Minuten bis einigen Tagen nach Einnahme, da Cortison - wie bereits aufgezeigt - als Botenstoff verschiedene Vorgänge im Körper zunächst aktiviert.
Inhalative Glukokortikoide werden bei COPD in großem Umfang eingesetzt:
- COPD III, IV (C, D)
- FEV1 <50 % und
- Exazerbation mit systemischen Steroiden (in Tablettenform) und/oder Antibiotika
- ACOS - Asthma-COPD-Overlap-Syndrom
- Inhalative Therapie: Mund nach der Einnahme ausspülen, da Cortison leicht im Rachen hängen bleibt und Soor (Pilz) verursacht, Zähne putzen oder etwas essen
- Hochdosierte Therapie: über einen kurzen Zeitraum ( z. B. maximal 14 Tage) - hier sind keine Besonderheiten von Seiten des Patienten zu beachten
- Cortisonlangzeittherapie - ist bei COPD selten angezeigt:
- Regelmäßige Effektivitätskontrollen durch den behandelnden Arzt
- Regelmäßige Kontrollen der Nebenwirkungen (z. B. Blutzucker, Augenarzt, Gewicht)
- Vermeidung Gewichtszunahme (z. B. Diät, bei Wassereinlagerungen Diuretikum)
- Niemals Therapie abbrechen ohne Arztkonsultation
- Von Beginn an - Osteoporoseprophylaxe
- Jeden Monat - Kontrolle von Aussehen, Blutdruck
Fragen nach: Medikamenten, Rückenschmerzen, Infekten
- Alle 3 Monate - Blutentnahme und Urinstatus
- Alle 12 Monate - Ergometer-EKG
- DXA-Knochendichtemessung
- Röntgen-Thorax
- Es bestehen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln
- Wechselwirkungen mit NSAR/Antirheumatika/Schmerzmitteln - erhöhtes Risiko von Magen-Darm-Geschwüren
- Wechselwirkung bei Patienten mit Diabetes, Herzerkrankung, Bluthochdruck
- Bei Einnahme von Abführmitteln verstärkt sich der Kalium- und Magnesiumspiegel
Unterstützung der überlasteten Atemmuskulatur
„Nicht-invasive Beatmung bei COPD und Lungenemphysem“
Eine nicht-invasive, d.h. außerklinische Beatmung (NIV) über eine Maske ist in erster Linie eine Therapie der Atemmuskeln, schilderte PD Dr. Köhnlein.
Diese Therapieform kommt bei einer akuten Atemnot oder einer chronischen Atemnot zum Einsatz. Eine akute Atemnot kann durch eine Herzerkrankung bedingtes Lungenödem oder eine akut exazerbierte COPD, d.h. eine akute Verschlechterung notwendig werden. Bei dieser Indikation wird eine nicht-invasive Beatmung oftmals nur vorübergehend notwendig.
Bei Einsatz einer NIV aufgrund einer chronischen Atemnot kann die Ursache eine COPD sein oder andere Erkrankungen wie z. B. eine neuromuskuläre Erkrankung, schwere Kyphoskoliose oder ein postuberkulöses Syndrom. Ein möglicher weiterer Grund kann ein Weaning sein, d.h. die Entwöhnung von einer Beatmung mittels Tubus hin zu einer nicht-invasiven Beatmung mittels Maske.
Langfristig angewendete nicht-invasive Beatmung reduziert bei chronisch stabilen, hyperkapnischen COPD Patienten die Gesamtsterblichkeit, verbessert die körperliche Leistungsfähigkeit und die gesundheitsbezogene Lebensqualität.
Unmittelbar nach einer akut-beatmungpflichtigen Exazerbation muss im Einzelfall entschieden werden, ob und wann eine dauerhafte Beatmung eingeleitet werden soll.
Die erfassten klinischen Messungen im Beatmungsgerät könnten in Zukunft frühzeitige Hinweise auf Verschlechterung der zugrundeliegenden Erkrankung geben.
Lungenvolumenreduktion zur Verkleinerung des Lungenemphysems
„Ventile, Coils, Lungenvolumenreduktion - Maßnahmen zur Verkleinerung des Lungenemphysems“
Bei Vorliegen eines schweren Lungenemphysems werden die Lungenbläschen der betroffenen Lungenareale zerstört und die Lungenlappen überblähen allmählich, so das das Atemzugvolumen abnimmt und sich der Bewegungsspielraum des Zwerchfells vermindert. Das Ausweitungsvermögen der gesünderen Areale wird geringer. Anatomisch betrachtet wird auch das Herz durch das Emphysem zusammengedrückt und dadurch dessen Pumpleistung eingeschränkt, so Professor Worth.
Die medikamentöse Therapie kann eine Überblähung verhindern. Fast noch wichtiger sind jedoch nicht-medikamentöse Maßnahmen, schildert Worth während seines Vortrages. Manchmal kann auch das Training der Atemmuskulatur hilfreich sein. Darüber hinaus sind die Effekte einer pneumologischen Rehabilitation nachweislich größer als die einer endoskopischen Lungenvolumenreduktion.
Vor jeder Lungenvolumenreduktion sollten daher zunächst alle konservativen medikamentösen und nicht medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden.
Zur endoskopischen Lungenvolumenreduktion (LVR) stehen derzeit in ausgewiesenen Zentren die Ventilapplikation sowie Implantation von Coils zur Verfügung. Ziel der LVR ist die Verminderung der Überblähung und somit Verbesserung der Lungenfunktion sowie Funktion der Atemmuskeln. Wodurch die Atemnot unter Belastung vermindert, die Leistungsfähigkeit gesteigert und die Lebensqualität verbessert werden kann. Weitere kontrollierte Studien sind jedoch notwendig, um die Verfahren mit hinreichender Sicherheit und Wirksamkeit zu etablieren.
Verordnung einer Langzeit-Sauerstofftherapie
„Medizinische Voraussetzungen zur Verordnung der Langzeit-Sauerstofftherapie und korrekte Umsetzung der Therapie durch den Patienten“
Ziel einer Sauerstofftherapie ist, das Angebot an Sauerstoff in der Lunge zu erhöhen, damit der Sauerstoffpartialdruck im Blut wieder ansteigen kann, so dass für Belastungen oder auch in Ruhephasen wieder genügend Sauerstoff zur Verfügung steht.
Darüber hinaus soll die Atemmuskulatur entlastet und die Verengung der Blutgefäße aufgrund des Sauerstoffmangels in den Atemwegen gemindert werden. Das hat zur Folge, dass die Lungenbezirke wieder besser durchblutet und das Herz entlastet wird.
Verordnung einer Langzeit-Sauerstofftherapie (LOT) bei COPD Patienten in Ruhe:
- pO2 < 55 mmHg (Sauerstoffpartialdruck)
- pO2 55-60 mmHg und Cor pulmonale (Herzbelastung durch Lungenhochdruck)/Polyglobulie („dickes Blut“, Erhöhung der Zahl der roten Blutkörperchen)
Die Diagnostik erfolgt in Form einer Sauerstoffsättigungsmessung (Pulsoximeter) und einer Blutgasanalyse (BGA) in Form einer Belastungs-Blutgasanalyse und einer nächtlichen Blutgasanalyse über das Ohrläppchen.
Schwieriger wird die Entscheidung hinsichtlich einer Verordnung einer LOT, wenn Patienten nur in der Nacht oder aber unter Belastung einen Sauerstoffmangel entwickeln. Derzeit liegen hierzu keine eindeutigen wissenschaftlich fundierten Empfehlungen vor. Neuere Leitlinien halten bei einem alleinigen und nur mäßigen Sauerstoffmangel in der Nacht und ebenso einem Sauerstoffmangel nur unter Belastung die Verordnung einer LOT für nicht erforderlich.
Bei akuten Verschlechterungen (Exazerbationen) erfolgt keine regelhafte LOT-Verordnung.
Viren und Bakterien sind „Wegbereiter“
Vortrag Prof. Dr. Susanne Lang, Gera
„Impfprophylaxe, Pneumokokken, Grippeschutz und weitere Impfungen“
Nachweislich führen Atemwegsinfekte zu mehr Notfallbehandlungen als andere chronische Erkrankungen. Etwa die Hälfte aller Exazerbationen bei COPD gehen mit viralen oder bakteriellen Infekten einher. Grund genug also, alle vorbeugenden Maßnahmen einer Vorbeugung zu ergreifen.
Maßnahmen, die die körpereigene Abwehr stärken:
- regelmäßig Sport und Bewegung
- Kneippsche Anwendungen wie z. B. Sauna/Wechselduschen
- Schutzimpfungen (z. B. Grippeschutzimpfung jährlich im Herbst!)
- Antioxidantien (z. B. Vitamin C, Vitamin E)
- Phytoptherapeutika (z. B. Extrakt aus Echinacea purpurea, Contramutan)
- Immunstimulantien (z. B. Broncho Vaxom, Luivac)
Durch eine Grippeimpfung kann das Risiko an Grippe zu erkranken bei Patienten mit COPD bis zu 7fach gesenkt werden. Die Wirksamkeit einer Pneumokokkenimpfung wird mit 50-70% angegeben.
Hinsichtlich der Pneumokokkenimpfung empfiehlt Professor Lang zuerst den Impfstoff Prevenar13 zu verabreichen und dann Pneumovax, da sich gezeigt habe, dass die Immunantwort auf eine Impfung mit dem Polysaccharidimpfstoff nach einer vorherigen Impfung mit der Konjugatvakzine deutlich größer sei, als nach einer Vorimpfung mit dem Polysaccharidimpfstoff.
Mögliche weitere Impfungen
- Keuchhusten (Pertussis), Wirksamkeit 80-90 Prozent, höchstens 10 Jahre
- Act-HibR-Impfstoff (Haemophilus-Influenzae-Typ-b (Hib)
- RSV-Impfung - Impfstrategien gegen RSV Infektionen
Unerwünschte Impfreaktionen sind insbesondere kurzfristige, leichtere Lokal- und Allgemeinreaktionen wie Schmerzen an der Injektionsstelle oder grippeartige Beschwerden.
„Manchmal habe ich das Gefühl anderen beim Leben zuzusehen...“
„ COPD: Auswirkungen auf Alltag, Psyche und Lebensqualität...nicht nur im fortgeschrittenen Stadium“
Eine Patientin von Dr. Schneeberger brachte es auf den Punkt, sie schilderte, dass sie sich "...manchmal so fühle, als ob sie anderen beim Leben zuschaue...“. Psychische Begleitsymptome bei COPD-Patienten sind ein gänzlich unterschätztes Phänomen und können erheblichen Einfluss auf Krankheitsverlauf, Lebensqualität und Gesamtprognose des Betroffenen haben.
Neben Angststörung (allgemein/krankheitsspezifisch), Panikstörung und Depressivität/Depression spielt das Schamgefühl in Zusammenhang z. B. mit einer Sauerstofftherapie, den Krankheitssymptomen Atemnot, Husten, Auswurf etc. und dem „Image“ von COPD eine wichtige Rolle.
Erste Untersuchungen dokumentieren, dass bis zu 80% der COPD Patienten depressive Symptome aufweisen. Wobei Angst und Depression keine Frage des COPD-Stadiums, sondern in allen Stadien gleichermaßen vertreten sind. Auch sogenannte End of Life (EoL) Ängste bei COPD sind unabhängig vom COPD-Stadium. 69 % der untersuchten Patienten gaben jedoch an, dass sie noch nie mit jemandem über diese Ängste gesprochen hätten.
Hauptsymptom bei COPD ist eindeutig die Atemnot. Atemnot und Angst können kaum voneinander getrennt betrachtet werden und läuten in der Regel den Teufelskreis der Angst im Alltag ein: die Inaktivitätsspirale. Denn Atemnot bei Belastung, verbunden mit Angst vor Atemnot, führt zu körperlicher Schonung, dies wiederum zu abnehmender Kondition und letztendlich zu noch mehr Atemnot und einem stetigen Leistungsabfall.
Von der aktuellen GOLD-Leitlinie aufgezeigte Auswege aus diesem Teufelskreis können eine pneumologische Rehabilitation, eine Verhaltens- und Entspannungstherapie sein.
Auch Angehörige und Lebenspartner sollten nicht vergessen. Einerseits leiden sie ebenfalls unter den Ängsten und der Atemnot ihrer Partner, andererseits stellen sie einen wichtigen Motivationsfaktor dar. Untersuchungen konnten zeigen, dass COPD Patienten mit einem körperlich aktiven Partner, selbst ebenfalls wesentlich aktiver sind.
Gleichermaßen haben soziale Bindungen Einfluss auf die körperliche und psychische Lebensqualität. Die Teilnahme an einer Selbsthilfe- und/oder Lungensportgruppe fördert die soziale Einbindung erheblich.
Praktische Übungen zum Mitmachen
Atemtherapie und Lungensport
Bewegung - trotz Atemnot - ist ein Erfolgsfaktor bei COPD. Regelmäßiger Sport und Bewegungsübungen können den bereits beschriebenen Teufelskreis jedoch deutlich verlangsamen. Wie dies funktioniert zeigte in diesem Jahr Dr. Teschler und Frau Finger mit praktischen Übungen zum Mitmachen.
Ausgerichtet wird das Training stets an die individuelle persönliche Leistungsfähigkeit.
Individuelle Fragestunde
Workshops
Hinweise:
Ein Videomitschnitt des gesamten 10. Symposium-Lunge ist ca. ab Ende Oktober 2017 erhältlich und kann dann als DVD beim Veranstalter bestellt werden.
Eine Zusammenfassung sämtlicher Vorträge finden Sie hier
Die Planung für das 11. Symposium Lunge welches am Samstag, den 01. September 2018 wie gewohnt in Hattingen stattfinden wird, ist so gut wie abgeschlossen. Alle bereits verfügbaren Informationen entnehmen Sie bitte den Kongresswebseiten die in den kommenden Monaten fortlaufend erweitert werden.
Verantwortlich für den Text sind:
Jens Lingemann
Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland
COPD - Deutschland e.V.
Sabine Habicht
Hattingen, 01. Oktober 2017
© Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland
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