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Zuletzt angepasst am 16.04.2024

Therapietreue des Patienten - Ein Schlüssel zum Erfolg

Patienten mit Asthma und COPD sind chronisch krank. Sie bedürfen in der Regel einer lebenslangen Behandlung. Eine wirksame Behandlung mit Linderung von Beschwerden wie Husten, Atemnot oder Auswurf, Steigerung der  Lebensqualität und Zunahme der Lebenserwartung ist heute durch geeignete vorbeugende Maßnahmen (Verzicht auf das Tabakrauchen, Schutzimpfungen gegenüber Erkrankungen durch Grippeviren und Pneumokokken u.a.), eine individuell maßgeschneiderte medikamentöse Therapie sowie nicht medikamentöse Maßnahmen (z. B. körperliches Training) vorhanden.

Der Behandlungserfolg hängt dabei wesentlich von einer guten Mitarbeit des betroffenen Patienten ab.

Die Mitwirkung des Patienten bei der Behandlung seiner Erkrankung wird als Compliance bezeichnet. Die Compliance setzt sich zusammen aus Akzeptanz, Adhärenz, Persistenz und Ausführung. Akzeptanz beschreibt, ob der Patient  die von seinem Arzt vorgeschlagene Behandlung überhaupt jemals angewendet hat. Unter Adhärenz wird dargestellt, wie oft der Patient die Verordnung z.B. eines Medikamentes angewendet hat. Mit Persistenz wird bezeichnet, über  welche Zeit der Patient das verordnete Medikament genutzt hat. Unter „ Ausführung“ sind Einnahmefehler im Sinne einer zu hohen oder zu geringen Dosierung eines Medikamentes oder auch eine fehlende Medikamenteneinnahme im  Urlaub (drug holidays) oder eine fehlerhafte Inhalationstechnik zu verstehen.

Die unzureichende Anwendung therapeutischer Maßnahmen (Non-Adhärenz) kann unabsichtlich infolge Vergesslichkeit, Verwirrung oder einer zu großen Zahl der verordneten Medikamente erfolgen. Häufiger setzt der betroffene Patient  eine verordneten Medikamente aus Angst vor Nebenwirkungen, wegen der Therapiekosten, wegen der Unbequemlichkeit einer regelmäßigen Medikamenteneinnahme oder aus dem Gefühl ab, dass das Medikament nicht dauerhaft  notwendig sei. Dies gilt bei Asthma und COPD insbesondere für Medikamente, die entzündungshemmend wirken und dadurch akuten Verschlechterungen bei regelmäßiger Einnahme (Inhalation) vorbeugen, aber keine direkt spürbare  Linderung der Atemnot herbeiführen.

Hilfreich für eine Verbesserung der Adhärenz und damit der Therapietreue sind ein gutes Arzt/Patienten- Verhältnis, möglichst einfache Behandlungsschemata, das Wissen des Betroffenen über seine Erkrankung und die  Behandlungsmöglichkeiten, aber auch über etwaige Nebenwirkungen durch die Behandlung. Hierzu ist eine strukturierte Schulung bei Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Asthma und COPD notwendig.

Durch die Teilnahme an einem strukturierten und geprüften Schulungsprogramm wie NASA (für erwachsene Asthmatiker) und COBRA (für Patienten mit COPD) wird der Patient in das Management seiner chronischen Krankheit  einbezogen. Er lernt die Auswirkungen seiner Krankheit zu kontrollieren anhand seiner Beschwerden (Atemnot, Husten, Auswurf) und z.B. der Messung und Protokollierung seiner Peak- Flow- Werte im Asthma- oder COPDTagebuch der Atemwegsliga. Er wird ferner in der Schulung über die Wirkungen und Nebenwirkung seiner Medikamente informiert und lernt , seine Medikamente korrekt zu inhalieren (Beta- Mimetika, Anticholinergika, inhalatives Kortison). Wichtigster Inhalt der Schulung ist das Training der Anpassung der Medikamente an den jeweiligen, insbesondere beim Asthma häufig schwankenden Schweregrad der Erkrankung, ferner das korrekte Verhalten im Notfall.

Dazu sind gut entwickelte, möglichst einfache Aktionspläne notwendig, die der Patient bei akuter Verschlechterung nutzen soll. In diesen Aktionsplänen wird dargestellt, was der Patient in Abhängigkeit vom Ausmaß der Verschlechterung selbst tun kann zur Besserung der Situation. Es hat sich bewährt, auch die Angehörigen der betroffenen Patienten in die Nutzung der Aktionspläne einzubeziehen. Schließlich können der Informationsaustausch und gemeinsame Aktivitäten in einer Schulungsgruppe die Therapietreue verbessern helfen, wenn die Gruppe aus gleichartig Erkrankten, z. B. aus Asthmatikern oder COPD-Patienten besteht.

Patienten weisen nach erfolgreicher Teilnahme an einer strukturierten Patientenschulung seltener akute Verschlechterungen und Krankenhausaufenthalte auf, erlangen eine höhere Lebensqualität und verlieren insbesondere die Angst  vor einer akuten Verschlechterung, da sie in der Schulung gelernt haben, was sie schon bei drohender Verschlechterung der Atemwegssituation selbst tun können.

Die Therapietreue eines Patienten kann ärztlicherseits durch optimale, d.h. maßgeschneiderte individuelle Therapieangebote nach wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen verbessert werden. Einfache Therapieschemata, eine  umfangreiche Aufklärung und die aktive Beteiligung des Patienten an Therapieplanung und Therapieentscheidungen sowie die Vereinbarung gemeinsamer konkreter Therapieziele steigern die Therapietreue.

Seitens des Patienten wird die Therapietreue gefördert durch die Beseitigung von Vorurteilen, z. B. vor der Medikation (Kortisonangst), sowie eine Stärkung der Eigenverantwortung mittels Erlernen der Selbstkontrolle der Erkrankung  und eigenständiger Therapieanpassung. Schriftliche Pläne sowohl für die Langzeitbehandlung als auch für die Bewältigung des Notfalls sind ebenfalls hilfreich.

Letztlich ist statt einer passiven Befolgung ärztlicher Anweisungen die partnerschaftliche Kooperation zwischen Arzt und Patient der Schlüssel für ein optimales Management der chronischen Atemwegserkrankung.

Quelle: Vortrag von Prof. Dr. Heinrich Worth Vorsitzender AG Lungensport in Deutschland e.V. stellv. Vorsitzender Deutsche Atemwegsliga e.V., auf dem 9. Symposium Lunge am Samstag, den 10. September 2016 von 9:00-17:00 Uhr in Hattingen (NRW)

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