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Zuletzt angepasst am 23.12.2024

Antibiotika - notwendig ja ...aber wann ?

Die Entdeckung und der medizinische Einsatz der Antibiotika werden als eine der bisher bedeutendsten Entwicklungen in der Medizingeschichte angesehen.

Bis zur Entwicklung der Antibiotika sowie ergänzender Hygienemaßnahmen waren bakterielle Epidemien wie zum Beispiel Diphterie oder Tuberkulose als tödliche Seuchen gefürchtet.

So ist zu verstehen, dass Antibiotika als eine Art Wunderwaffe angesehen werden. Weiterentwicklungen, wie die der Breitbandantibiotika und die sehr rasche Wirksamkeit dieser Medikamente, verstärken den Eindruck.
Bei Atemwegsinfektionen werden Antibiotika häufig eingesetzt. Doch einen Universalschutz gegen alle Arten von Infektionen können Antibiotika nicht bieten.

Berichte über zunehmende Antibiotika-Resistenzen, wie die der Deutschen Antibiotika Resistenzstrategie (DART) des Bundesgesundheitsministeriums, bemühen sich seit einigen Jahren um mehr Aufklärung. Als Hauptursache für die Antibiotika-Resistenzen werden die unsachgemäße Verordnung und Anwendung von Antibiotika sowie Mängel in der Hygiene angegeben.

Was ist insbesondere bei Patienten, deren Immunsystem bereits durch eine chronische Erkrankung wie den Atemwegserkrankungen COPD und Lungenemphysem geschwächt ist und die daher anfälliger für Infektionen sind, zu beachten? Ab wann sollten Antibiotika eingesetzt werden? Was ist bei deren Einnahme zu berücksichtigen?

Wirkung von Antibiotika

Infektionen können durch verschiedene Erreger hervorgerufen werden. Zu den Erregern zählen zum Beispiel Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten.
Wichtig: Antibiotika können nur bei bakteriellen Infektionen eingesetzt werden, da sie nur bei einzelligen Lebewesen mit einem eigenen Stoffwechsel ihre Wirkung entfalten.

Bakterien spielen im menschlichen Organismus eine sehr wichtige Rolle, denn sie sind nicht nur Krankheitserreger. Im Darm benötigen wir zum Beispiel die„positive“ Wirkung von Bakterien für eine verdauungsfördernde Darmflora. Ähnliches gilt für unsere Haut- und Mundflora.

Eine Vielzahl von „krankmachenden“ Bakterien können jedoch Auslöser für Infektionen sein, so zum Beispiel eitrige Wundentzündungen, Blutvergiftungen oder Erkrankungen im Urogenitalbereich (Blase, Niere), der Lunge und der Atemwege.

Um bakteriellen Infektionen vorzubeugen, wurden in den vergangenen Jahrzehnten innerhalb der Medizin zwei Methoden entwickelt: Die Sterilisation von medizinischen Geräten und Materialien sowie die Desinfektion auf der Haut oder auf Gegenständen zur Reduzierung von Bakterien.

Wirkspektrum der Antibiotika

Medikamentös können Antibiotika sehr effektiv gegen bakterielle Infektionen eingesetzt werden.
Während die ersten Antibiotika noch von biologischer Herkunft waren, sind heute vorwiegend synthetische Präparate im Einsatz, wodurch eine bessere Verträglichkeit und breitere Wirkungsspektren erzielt werden können.
Die verschiedenen vorliegenden Antibiotika-Klassen verfügen über unterschiedliche
Wirkmechanismen in Bezug auf Bakterien (Keime):
 Zerstörung der Zellwände (bakterizide Wirkung)
 Verhinderung der Zellteilung (bakteriostatische Wirkung)
Durch verschiedene Dosierungen, also die Konzentration des Medikamentes, kann zudem deren Wirkung – von bakteriostatisch zu bakterizid – verändert werden.

Die vielen verschiedenen Bakterienarten (wie vorhergehend aufgezeigt) machen es notwendig, eine Vielzahl verschiedener Antibiotika-Substanzen zu haben. Bevor ein Antibiotikum verordnet wird, muss festgestellt werden, welche Bakterienart der Verursacher ist, um die wirkungsvollste Substanz einzusetzen.

Um den vielen verschiedenen Bakterienarten besser begegnen zu können, konnten zwei verschiedene Antibiotika-Typen entwickelt werden:

  • Schmalspektrum-Antibiotika
  • Breitspektrum-Antibiotika

Schmalspektrum-Antibiotika wirken gezielt gegen eine geringe Anzahl von Bakterienarten.
Breitspektrum-Antibiotika können bei einer Vielzahl unterschiedlicher Keime eingesetzt werden.

Wichtig zu wissen ist auch, je besser das körpereigene Abwehrsystem bzw. Immunsystem funktioniert, desto wirksamer ist eine Antibiotikatherapie.

COPD und Antibiotika

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine schwere Erkrankung, die über eine Entzündungsreaktion der kleinen Atemwege zur Zerstörung der Lunge führt und letztendlich zur bleibenden Einengung der Atemwege. Schadstoffe, die eingeatmet werden, sind die häufigste Ursache der Erkrankung, darunter vor allem das Rauchen.

Die gestörte Lungenfunktion bringt eine größere Anfälligkeit für bakterielle Infektionen mit sich. Etwa bei einem Drittel der COPD-Patienten kommt eine Besiedelung der Bronchien mit Bakterien vor.
Im akuten Krankheitsgeschehen steigt die Wahrscheinlichkeit einer Besiedelung auf etwa 50 %. Aufgrund häufiger Infekte wird somit immer wieder eine Antibiotika-Therapie in Erwägung gezogen.

Eine Langzeittherapie mit Antibiotika wird nicht empfohlen, da dies die Resistenz der Erreger fördert und auch die Nebenwirkungsrate der Medikamente zu hoch ist.
Prävention (Vorbeugung) spielt daher bei der Reduzierung der Anfälligkeit von bakteriellen Infektionen eine wesentliche Rolle:

  • Verzicht auf Tabak! Rauchen erhöht die Infektanfälligkeit für Bronchitis und Lungenentzündung
  • Vermeidung von Schadstoffen, die eingeatmet werden – z.B. am Arbeitsplatz oder in der Freizeit
  • Influenza-Impfung
  • Pneumokokken-Impfung
  • Stärkung des Immunsystems (z.B. durch ausgewogene vitaminreiche Ernährung, Bewegung, frische Luft, Reduzierung von Stress)
  • Vermeidung von Kontakten mit Menschen, die erkältet sind - beachten Sie: Kleinkinder erkranken häufiger an grippalen Infekten
  • Menschenansammlungen meiden, Händedruck und Umarmungen bei Begrüßungen meiden etc.
  • optimale witterungsbedingte Kleidung
  • Kälte meiden

Bakterieller Erregernachweis

Bei einer Infektion ist es wichtig, die genaue Ursache herauszufinden. Mittels einer Bakterienkultur lässt sich der Erreger der Infektion nachweisen. In einem Kunststoffschälchen (Petrischale) mit einem gallertartigen Trägermedium wird das jeweilige „Material“ des Patienten (Auswurf, Sekrete, Abstriche oder Punktionsmaterial) aufgetragen. In sogenannten Inkubationsschränken werden die Bakterien in den Folgetagen
„ausgebrütet“. Vermehren sich die Bakterien, kann durch ein molekularbiologisches Nachweisverfahren der genaue Bakterientyp bestimmt werden.

Stufendiagnostik bei Atemwegsinfekten

• Bei ambulant erworbenen unkomplizierten Infektionen der Atemwege und des HNO-Bereiches ist eine mikrobiologische Diagnostik in der Regel nicht notwendig. Sie wird jedoch empfohlen bei:

  • Nichtansprechen der initialen Therapie binnen 72 Stunden
  • Vorliegen einer schweren Grunderkrankung
  • Häufung akuter Schübe einer Bronchitis
  • Komplikationen
  • Verdacht auf Diphterie

Blutserumuntersuchungen werden ebenfalls durchgeführt und dienen meist der Kontrolle des Krankheitsverlaufes.

  • Je schwerer und komplexer das Krankheitsbild, umso notwendiger ist die Durchführung einer mikrobiologischen Diagnostik.
  • Nosokomiale (im Krankenhaus erworbene) Infektionen müssen immer mikrobiologisch untersucht werden (unvorhersehbare Resistenzverhältnisse).

Quelle: Rationale Therapie bakterieller Atemwegsinfektionen, PEG-Empfehlungen

Resistenzen

Eine erworbene Antibiotika-Resistenz ist der teilweise oder ganze Verlust der Wirksamkeit eines Antibiotikums gegenüber einem Bakterium.
Multiresistente Erreger sind nicht nur gegen ein Antibiotikum resistent sondern gegen eine Reihe von Antibiotika. Diese Situationen können zum Beispiel in Krankenhäusern vorkommen, da sich dort aufgrund der Vielzahl der vorkommenden Bakterien leichter Resistenzen bilden.

Entstehung von Resistenzen

Antibiotika-Resistenzen können sich aufgrund folgender Faktoren bilden:

  • natürliche Anpassungsmechanismen, sogenannte spontane Mutationen - d.h. durch Erbgutveränderungen in der Zelle des Bakteriums
  • häufige Antibiotika-Therapien (auch bei Erkrankungen, die nicht bakteriell bedingt sind) und häufige Anwendung von Breitbandantibiotika, falsche einnahme von Antibiotika - insbesondere zu lange oder unregelmäßige Einnahme - so dass bestimmte Bakterien sich anpassen und resistent werden.

 

Eine weitere Ursache für die Verbreitung von Resistenzen war die Verwendung von Antibiotika zum vorbeugenden Einsatz sowie als Wachstumsförderer in der landwirtschaftlichen Tierzucht, die 2006 in der EU verboten wurde.

Etwa 70 % der Bakterien, die Infektionen in Krankenhäusern verursachen, sind gegen mindestens ein Antibiotikum resistent. Schätzungsweise 2.300 Tonnen Antibiotika werden jährlich alleine in Deutschland in der ambulanten und stationären Therapie sowie in der Tiermedizin eingesetzt. Rund 80 antibiotische Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen sind auf dem deutschen Markt verfügbar.
Häufige resistente Keime sind Gattungen der Streptokokken und Staphylokokken.
Quelle: Helmholtz-Zentrum München, Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit

Wechselwirkungen

Wechselwirkungen können bei gleichzeitiger Einnahme verschiedener Arzneimittel aber auch durch Nahrungsmittel auftreten. Nachfolgend sind die wichtigsten aufgeführt, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können und zumeist nur auf einige Antibiotika-Substanzen zutreffen. Auch hier ist der Beipackzettel und Ihr Gespräch mit dem Arzt/Apotheker maßgeblich.
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt alle Medikamente an, die Sie aktuell einnehmen.

Nahrungsmittel

  • Antibiotika können den Abbau von Koffein (koffeinhaltige Getränke wie Kaffee, Cola, Schwarz-, Grün- und Matetee) hemmen und dadurch die aufputschende Wirkung von Koffein verstärken
    Bei einigen Antibiotika-Substanzen können Milch, Milchprodukte (Joghurt, Käse, Quark) und kalziumhaltige Lebensmittel die Wirkung des Antibiotikums mindern. 2 Stunden sollten jeweils zwischen der Einnahme des Antibiotikums und dem Kalziumprodukt liegen
  • Auf Fruchtsäfte zur Einnahme von Antibiotika sollte verzichtet werden
  • Auch auf Alkohol sollte verzichtet werden, da beides – Antibiotika und Alkohol – die Leber belasten

Medikamente

  • Aktivkohle (für Durchfallerkrankungen) verhindert die Resorption (Aufnahme) von Antibiotika
  • Wirkungsverstärkung von Diuretika (zur Ausschwemmung von Wasser) und der Antibiotika-Substanz Amoniglykosiden. Eine Nierenfunktionskontrolle und Blutzuckerkontrolle wird empfohlen
  • Bei Einnahme von Marcumar (Hemmstoff zur Blutgerinnung) besteht die Gefahr einer erhöhten Blutungsneigung. Die Kontrolle der Gerinnungsparameter sollte vorgenommen werden
  • Bei einer Therapie mit Digoxin (gegen Herzmuskelschwäche) besteht die Gefährdung einer Verstärkung der Medikamenten-Wirkung
  • Bei einigen Antibiotika (z.B. Penicillin) ist die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkung der Antibaby-Pille nicht mehr gewährleistet

Nebenwirkungen

Nachfolgend finden Sie die am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen bei einer Antibiotika-Therapie.
Bitte beachten Sie, dass die Nebenwirkungen bei den verschiedenen Antibiotika-Substanzen sich unterscheiden können. Lesen Sie daher sorgfältig den Beipackzettel, dieser ist maßgeblich.
Aufmerksam machen möchten wir Sie auch, dass nicht jede mögliche Nebenwirkung bei jedem Patienten vorkommt Die Häufigkeiten, wie oft eine Nebenwirkung bei einer Anzahl von Patienten auftritt, wird im Beipackzettel angezeigt. Wir möchten Sie für das Thema Nebenwirkungen sensibilisieren, Ihre Selbstbeobachtung schärfen, so dass Sie rechtzeitig zum Arzt gehen.

Allergien

Allergien können bei den meisten Antibiotika-Präparaten auftreten. Ein erhöhtes Risiko besteht bei Penicillinen, Sulfonamiden, Beta-Lactam-Antibiotika und Cephalosporinen. Oft treten die allergischen Reaktionen relativ langsam (2. bis 3. Tag oder 9. bis 18. Tag) auf. Es kann jedoch auch zu Sofortreaktionen kommen.

Die stärkste Reaktion bei einer Sofortreaktion kann der anaphylaktische Schock sein, der zu einem Versagen des Herz-Kreislauf-Systems führt. Frühe Symptome sind ein Brennen auf der Zunge und im Rachenbereich, Juckreiz und Hitzegefühl. Es entwickeln sich rasch Rötungen, Quaddeln, Beklemmungsgefühl, Herzrasen, Übelkeit. Hier gilt es nicht zu zögern und den Notarzt (Telefon 112) anzurufen.
Treten sogenannte langsame allergische Reaktion auf, sollten Sie umgehend Ihren Hausarzt informieren und das Medikament absetzen.

Folgende Symptome können auftreten:

  • Niesen und Fließschnupfen
  • Hautausschlag, Nesselsucht, Quaddeln und Juckreiz
  • Schwellungen der Schleimhäute in Mund und Rachen
  • Husten und Atemnot bis zu anfallsartiger schwerer Atemnot

Ein Antibiotikum, auf das Sie allergisch reagiert haben, sollte in einen Allergiepass, den Sie immer bei sich führen, eingetragen werden, so dass Ihnen dieses Medikament nicht mehr verordnet oder in einem Notfall verabreicht wird.

© Patientenorganisation Lungenemphysem-COPD Deutschland
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